März 2019: Bundesgericht: Unzulässige "Information"

 

6. März 2019

Beschwerde in Sachen

Kantonale Volksabstimmung über den Kantonsbeitrag an die Projektierung und Realisierung von Tram Bern-Ostermundigen,

vom Bundesgericht mit Urteil vom 12. Februar 2019 abgewiesen und den Beschwerdeführenden am 5.3.19 zugestellt.

z.H. Medien: Stellungnahme der Beschwerdeführer zum Urteil des Bundesgerichts

Natürlich bedauern wir, dass das Bundesgericht unsere Beschwerde gegen die Verabschiedung der kantonalen Abstimmungsbotschaft zur Kantonalen Volksabstimmung über den Kantonsbeitrag an die Projektierung und Realisierung von Tram Bern-Ostermundigen und gegen verschiedene Informationshandlungen des Regierungsrates abweist. Unserer Einschätzung nach enthielt die Abstimmungsbotschaft z.T irreführende Aussagen, insbesondere zum Gesundheitszustand der alten Alleebäume entlang der geplanten Tramlinie. Wir tadelten die Aussage, dass ein Drittel der alten Alleebäume in den nächsten 15 Jahren "ohnehin" gefällt werden müssten, als nicht Fakten-basiert. Das Bundesgericht wertete diese aus unserer Sicht Abstimmungs-relevante Aussage als bloss relativ unverbindliche "Prognose". (Erwägung 5.6.3) Das können wir nicht nachvollziehen.

Immerhin rügt das Bundesgericht den Regierungsrat dafür, dass er in seiner Medienmitteilung vom 1. Februar 2018 "in unzulässiger Weise über die bevorstehende Volksabstimmung informiert" habe (Erwägung 7), auch wenn es diesen Sachverhalt schliesslich nicht als "erheblich" einstuft.
Andererseits können wir nicht verstehen, wie das Bundesgericht die Stichhaltigkeit der vom Regierungsrat angeführten, aus dem Jahr 2011 stammenden Wirtschaftlichkeitsrechnung nicht ebenso kritisiert wie wir. (Erwägung 5.3)
Die Wirtschaftlichkeitsrechnung 2011 (erstellt vom Büro Ecoplan) ging von einer Bauphase 2014 bis 2018 aus. Nun wird die Tramlinie erst rund 10 Jahre später gebaut. Wie steht es mit der Teuerung? Zudem war die Wirtschaftlichkeitsrechnung 2011 für die ganze Linie von Köniz/Schliern bis Ostermundigen/Rüti gemacht worden. Nun wird bekanntlich nur der Ast nach Ostermundigen gebaut. Zur Erschliessung der Rüti braucht es sogar noch eine zusätzliche Buslinie. Das stossendste an der Wirtschaftlichkeitsrechnung 2011 war aber, wie der „volkswirtschaftliche Nutzen“ des Trams berechnet wurde: Es wurde davon ausgegangen, das Tram habe im Vergleich zum Bus einen „Komfortnutzen“ von 31 Rappen pro Fahrt und Person. So kamen 8.1 Millionen Franken „volkswirtschaftlicher Nutzen“ in die Kosten/Nutzen Rechnung.

Leider war es nicht möglich, dem Bundesgericht die Frage vorzulegen, was in Zeiten der Klimaerwärmung für die Agglomeration Bern wichtiger sei, ein für alle Bewohner erträgliches Stadtklima unter Erhaltung historischer und geschützter Alleen zu erhalten, oder zwischen Bern und Ostermundigen ein Tram verkehren zu lassen. Nach wie vor sind wir der Meinung, verantwortungsvolle Politiker/innen müssten angesichts der heissen und trockenen Sommer den Erhalt von grosskronigen Bäumen höher gewichten als millionenschwere Aufträge an Tiefbau- und Planungsfirmen. Hoffnung gibt uns immerhin die Tatsache, dass dank unserer Beschwerde Zeit verstrichen ist, die es den Gemeinden Bern und Ostermundigen, sowie dem Kanton ermöglicht festzustellen, dass die Alternativen zum Tramprojekt, welche von allem Anfang an ausgeschlossen wurden, bestens funktionieren. Doppelgelenkbus und E-Bus, so zeigt sich jetzt auf den Linien 20 und 17, erbringen verlässliche Leistungen, haben grosse Transportkapazitäten, verhelfen der Stadt zu einem positiven E-Image, sind auf den engen Strassen Berns verkehrsverträglicher unterwegs als zusätzliche Tramzüge und kosten vergleichsweise wenig.

Wenn Doppelgelenk- und E-Busse auch auf der Linie 10 zum Einsatz kämen, könnten Stadt und Kanton Bern zeigen, dass der Erhalt eines angenehmen Stadtklimas für sie erste Priorität hat. Bern soll wirklich die "bäumige" Stadt werden (welche die zuständige Gemeinderätin sich wünscht), nicht eine Tramstadt, die sich durch permanenten Stau und schlechte Luft auszeichnet. Dass das Pflanzen von Ersatzbäumen nie und nimmer alten Baumbestand ersetzen kann, hat sich bereits in vielen Städten gezeigt, u.a.in Zürich und in Basel. Bern soll sich zu lebensförderndem Grün bekennen, die grosskronigen Alleebäume nicht abholzen, sondern behalten, die ÖV-Probleme zwischen Bern und Ostermundigen mit dem verbesserten S-Bahn-Angebot (bald schon 8 mal pro Stunde) und den offensichtlich alle Erwartungen erfüllenden Grossbussen lösen. Dass Ostermundigen ein Tram braucht, um seine alten Leitungen zu sanieren, wurde ja als Propaganda-Lüge entlarvt. Denn anders als von der Ostermundiger Tram-Lobby vor jeder Abstimmung behauptet, wurden laut EWB die Sanierungsarbeiten bereits ausgeführt!

Zusammen mit der knappen Hälfte der Bürger und Bürgerinnen, die an der Tram-Abstimmung teilgenommen und die Finanzierungsvorlage abgelehnt haben, hoffen wir auf die Einsicht der zuständigen Politiker/innen und darauf, dass auch bei ihnen der vergangene Hitzesommer gewisse Spuren hinterlassen hat.

Offen ist weiterhin die Frage, wie es mit dem Tramprojekt weitergeht.

  • Wird es zu weiteren Verzögerungen kommen? 
  • Was kostet die Planung der neuen Endstation und des Busbetriebs auf die Rüti?
  • Lässt sich das sistierte Plangenehmigungsverfahren problemlos abwickeln?
  • Führen die hängigen und ev. neuen Einsprachen gegen neue Projektteile zu weiteren Verzögerungen?
  • Lässt sich die Knotenproblematik am Bahnhof Ostermundigen lösen?
  • Besinnt sich das ASTRA auf seine Pflicht, die im Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz als geschützt eingetragene Ostermundigen-Allee tatsächlich zu schützen und die "vollständige Zerstörung des historischen Verkehrswegs" zu verhindern?
  • Wird die Realisation des Tramprojekts tatsächlich im Jahr 2027 abgeschlossen sein, was ja eine Bedingung für die finanzielle Beteiligung des Bundes ist?
  • Und wohin reichen die CHF 28 Mio, welche das Ostermundiger Stimmvolk zur Finanzierung des Ostermundiger Anteils bewilligt hat?

 

Im Namen der vier Beschwerdeführenden

Urs Dürmüller

 

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