«Bern ist keine Tramstadt» (eBund, 1.11.2016)

 

Urs Dürmüller von der «Freien AG Städtebau und öffentlicher Verkehr Bern» meint, das neue Tram zwischen Ostermundigen und Bern bringe nichts als Nachteile für Berner. Profitieren würden einzig die Ostermundiger.

 
Rosanna Steppat 
 

Das neue Tramprojekt sieht nicht mehr den geplanten Durchmesser Ostermundigen-Bern-Köniz vor und auch der umstrittene Tunnel auf die Rüti entfällt. Was ist Ihre Motivation sich trotzdem weiter für eine Anpassung dieses Projekts einzusetzen?
Damit, dass das Tram nun nicht zur Rüti führt, sind wir natürlich vollkommen einverstanden. Wir wehren uns jedoch dagegen, dass das Tram überhaupt auf der Route des 10er-Busses geführt wird. Dafür müssen Bäume gefällt werden, die man dann zwar ersetzen will. Die neuen Betontröge können den Wurzeln der neuen Bäume jedoch nicht genügend Platz geben. Es werden nur kümmerliche Bäume entstehen. Mit der jetzigen Allee ist das nicht zu vergleichen. Es ist skandalös, dass man historische Alleen, die über 100 Jahre alt sind, für dieses Projekt rodet. Im Sommer sind sie Schattenspender und Luftfilter, dieser Aspekt darf nicht vergessen werden. Bern möchte alles sein: Eine Tramstadt und eine Velostadt. Die Strassen, welche das Tram befahren würde, sind jedoch nicht Tram-geeignet.

Sie haben die Zwischenzeit seit der letzten Abstimmung genutzt, um Schwachstellen des Projekts «Tram Region Bern» herauszustellen. Ihnen liegt also die Erhaltung der historischen Alleen besonders am Herzen? 
Sicher geht es um die Erhaltung der inventarisierten, historischen Alleen im Nordquartier. Man muss dem Berner Volk jedoch auch klarmachen, dass ein 10er-Tram keine zusätzliche ÖV-Kapazitäten für Berner schaffen wird. Wenn man den Bus durch ein Tram ersetzt, wird auch das Tram die durch die enorme Bautätigkeit in Ostermundigen entstehenden Pendlerströme nicht aufnehmen können. In der jetzigen Form bringt das Projekt nichts als Mehrkosten: Man wird Schienen legen und auch die Kornhausbrücke verstärken müssen. Zudem wird der verstopfte Tramverkehr in der Innenstadt noch verschlimmert.

Die Stadt Bern stützt sich auf das städtische «Ja» zum Tram-Projekt von 2014 und möchte es bald erneut vor das Stimmvolk bringen. Erhoffen Sie sich vor der Abstimmung eine zweite Varianten-Debatte?
Am nächsten Freitag wird bei einem Treffen der Stadträte das Thema Tram diskutiert, hoffentlich unter Einbezug unserer Verbesserungsvorschläge. Wir wollen, dass man noch einmal ohne Scheuklappen über die Sache nachdenkt. Frau Wyss muss als mögliche zukünftige Stadtpräsidentin für die Stadt schauen und sicherstellen, dass die Berner Pendler tatsächlich mehr Platz im ÖV erhalten und nicht nur Nachteile haben.

Wie wollen Sie vorgehen, wenn das TRB-Projekt bald trotzdem wieder zur Abstimmung kommt?
Wenn es erneut zur Abstimmung kommt, werden wir dagegen Opposition machen und versuchen die Leute von einem «Nein» zu überzeugen.

Sie betonen, dass sie «kein allgemeiner Tram-Gegner» sind. Welches ist Ihr Vorschlag für eine alternative Route des Trams, die der Allgemeinheit nützt?
Die Entlastung der Buslinie 10 muss klar über eine andere Route gehen. Kostengünstig wäre ein zusätzlicher Busbetrieb. Aber die Ostermundiger wollen das Tram, damit sie die Sanierung ihrer Strassen bezahlt kriegen. Deshalb schlagen wir zwei alternative Entlastungs-Tramlinien vor. 

Ob der Kanton bis zum nächsten Jahr einen neuen Kredit für das TRB-Projekt beschliessen wird, ist unklar. Würden Sie im Zweifelsfall ein Referendum gegen den Kreditbeschluss ergreifen?
Es möglich, dass der Grosse Rat nicht zustimmt, da Ostermundigen das neue Tram als Vorwand nimmt, um seine neuen Strassen zu finanzieren. Bei einem «Ja» würden wir jedoch auch kein Referendum ergreifen. Wir sind nur Bürger, die sagen, dass dieses Projekt, so wie es jetzt daherkommt, dem gesunden Menschenverstand widerspricht. Mir ist es schleierhaft, wieso das ASTRA und das BAV es zulassen, das kulturelle Erbe der alten Alleen für die Umstellung der Linie 10 von Bus- auf Trambetrieb zu opfern.

 

 

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